© Forschungsplattform Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck
Seit vielen Jahren werden Vorträge im Rahmen der Innsbrucker Gender Lectures aufgezeichnet, bei FREIRAD ausgestrahlt und bequem als Podcast nachgehört werden.
Die Innsbrucker Gender Lectures verstehen sich als Diskussions- und Austauschforum, das es den Mitgliedern des Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck (CGI) an der Universität Innsbruck und Genderforscher*innen aus dem In- und Ausland ermöglicht, brisante Themen in den Blick zu nehmen, unter geschlechterkritischer Perspektive zu diskutieren und sich über theoretische Grundlagen der inter- und multidisziplinären Geschlechterforschung auszutauschen. Zentral ist ihr Beitrag zur Internationalisierung der Geschlechterforschung an der Universität Innsbruck.
31.01.2023, 18:00, Hörsaal 4, Campus Innrain
Der Vortrag beleuchtet den Zusammenhang zwischen der Verbreitung digitaler Plattformen, der Transformation von Arbeit und Krisen der sozialen Reproduktion.
Im Bereich der sozialen Reproduktion kommt es seit Jahren zu vielfältigen Krisenerscheinigungen, von der Aushöhlung der öffentlichen Daseinsvorsorge, Versorgungslücken, zunehmender Vermarktlichung und Privatisierung bis hin zu Überlastung und abnehmenden finanziellen und zeitlichen Ressourcen im ‘Privaten’. Diese multiplen Krisen der sozialen Reproduktion bieten Plattformunternehmen ein profitables Geschäftsfeld. Helpling, Lieferando, Care.com, Airbnb und viele weitere Plattformen stellen heutzutage Dienstleistungen aus zentralen Feldern der sozialen Reproduktion mit wenigen Klicks zur Verfügung. Ob Gesundheitsversorgung, Ernährung oder Kinderbetreuung – digitale Plattformen transformieren nicht nur Produktionsverhältnisse, sondern intervenieren auch direkt oder indirekt in die gesellschaftliche Re-Organisation sozialer Reproduktion und die vergeschlechtlichte Arbeitsteilung.
Der erste Teil des Vortrags liefert eine Einführung in die zentralen Charakteristika der Plattformökonomie und skizziert, auf welche Entwicklungen im Bereich der sozialen Reproduktion Plattformen reagieren, an welche Krisen sie anknüpfen und welche Transformationsprozesse sie befördern. Im zweiten Teil des Beitrags wird dieser theoretische Zusammenhang beispielhaft anhand eines Teilbereichs der Plattformökonomie, heimbasierter digitaler Arbeit auf sogenannten Crowdwork-Plattformen, weiter ausgeführt. Abschließend wirft der Vortrag die Frage auf, inwiefern diese neue Form der Arbeit auch auf ein neues Reproduktionsregime verweist.
Mira Wallis ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Promovendin am Institut für Europäische Ethnologie und am Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM) der Humboldt-Universität zu Berlin. Von 2018 bis 2022 arbeitete sie im DFG-geförderten Forschungsprojekt „Digitalisierung von Arbeit und Migration“. Das Projekt beschäftigte sich mit der Rolle digitaler Plattformen bei der Transformation von Arbeit, sozialer Reproduktion und Mobilität/Migration. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt auf ortsungebundener Plattformarbeit (sog. Crowdwork), die sie als eine neue Form digitaler Heimarbeit in Deutschland und Rumänien untersucht. Gemeinsam mit Moritz Altenried und Julia Dück gab sie 2021 den Sammelband Plattformkapitalismus und die Krise der sozialen Reproduktion heraus.
Kommentar: Carla Ostermayer, Doktoratskolleg „Geschlecht und Geschlechterverhältnisse in Transformation: Räume – Relationen – Repräsentationen“, Universität Innsbruck
Moderation: Zoe* Steinsberger, Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck und Doktoratskolleg „Geschlecht und Geschlechterverhältnisse in Transformation: Räume – Relationen – Repräsentation“, Universität Innsbruck
25.10.2022, 18:00, Online
This talk traces the history of women of color’s participation in online gaming forums, anti-racist social media posts, and Zoom meetings as examples of community defense. Black and Latinx female Xbox players who engage in „resistance griefing,“ to use game scholar Kishonna Gray’s formulation, Generation Z women who post video documentation of their encounters with racism and xenophobia in public places, and women of color resisting racist zoombombing share an understanding of their efforts as digital diversity work. This talk argues that women of color online were engaging in community defense models as alternatives to traditional policing and the carceral state years before the mainstream left in the U.S. deployed them as part of a populist politics.
Lisa Nakamura is the Gwendolyn Calvert Baker Collegiate Professor in the Department of American Cultures at the University of Michigan, Ann Arbor. Lisa Nakamura is a member of the DISCO (Digital Inquiry, Speculation, Collaboration, and Optimism) Network along with André Brock, Stephanie Dinkins, Rayvon Fouché, Catherine Knight Steele, and Remi Yergeau. She is also the founding Director of the Digital Studies Institute at the University of Michigan and has been writing about digital media, race, and gender since 1994. Lisa Nakamura wrote books and articles on digital bodies, race, and gender in online environments, on toxicity in video game culture, and the many reasons that Internet research needs ethnic and gender studies. In November 2019 she gave a TED NYC talk about her research called “The Internet is a Trash Fire. Here’s How to Fix It.”
Comment: Doris Allhutter, Institute of Technology Assessment, Austrian Academy of Sciences
Doris Allhutter is a senior researcher at the Institute of Technology Assessment of the Austrian Academy of Sciences. She was a Fellow at the Digital Curation Institute, University of Toronto this year, and a visiting researcher at Vassar College, New York (2019), UC Berkeley (2013) and Lancaster University, UK (2011).
She studies how computing practices are entrenched in power relations and how social inequality and ideologies of human difference co-emerge with digital infrastructures. From this perspective she has published on a book on computer-generated pornography and papers on common-sense ontologies and public sector algorithms. Her current research focuses on the automation of welfare services in Europe and related questions of social justice, equity and the transformation of social systems and the welfare state.
Moderation: Gundula Ludwig, Center Interdisciplinary Gender Studies Innsbruck, University of Innsbruck
27.06.2022, 18:00, Ort: Hörsaal 5, Campus Innrain, Innrain 52e, 6020 Innsbruck
Maria San Filippo is a 2021-22 Fulbright U.S. Scholar in the Department of American Studies at Universität Innsbruck. She is Associate Professor of Visual and Media Arts at Emerson College and Editor of New Review of Film and Television Studies. She authored the Lambda Literary Award-winning The B Word: Bisexuality in Contemporary Film and Television (2013) and Provocauteurs and Provocations: Screening Sex in 21st Century Media (2021), both published by Indiana University Press, and edited the collection After “Happily Ever After”: Romantic Comedy in the Post-Romantic Age (Wayne State University Press, 2021). Her Queer Film Classics volume on Desiree Akhavan’s Appropriate Behavior (2014) is forthcoming in fall 2022 from McGill-Queen’s University Press.
This talk regards Jane Campion’s exemplary approach to crafting sex scenes in ways that confront gendered dynamics of power and (visual) pleasure, focusing on the trio of films Campion chose to make in the wake of receiving global acclaim for The Piano (1993). Viewing The Portrait of a Lady (1996), Holy Smoke! (1999), and In the Cut (2003) as an unofficial trilogy, considered within the entwined contexts of pre-/post-9/11 gender anxiety and surveillance culture and of feminist genre revisionism, I explore how these works encapsulate Campion’s singular approach to screening sex.
Kommentar: Christian Quendler, Department of American Studies, University of Innsbruck
Moderation: Cornelia Klecker, Department of American Studies, University of Innsbruck
03.05.2022, 18:30, Ort: Hörsaal I, Theologie, Karl-Rahner-Platz 3, 6020 Innsbruck
Denise Bergold-Caldwell ist Bildungs- und Erziehungswissenschaftlerin und lehrt mit einem Schwerpunkt auf post- und dekoloniale Bildungsprozesse.CGI- Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck, Universität Innsbruck
Die Kolonialität der Macht (Quijano 2002) zeigt sich auch und in besonderem Maße im Bezug auf Geschlecht (Lugones 2016). Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass nicht nur der vergeschlechtlichte und rassifizierte Körper durch diese Macht hervorgebracht wird, sondern auch der Ort und der Kontext wirken auf die Entfaltung dieser Macht. In Deutschland wurde die Verwicklung in den Kolonialismus lange nicht beachtet und Rassismus wird als strukturelles Problem geleugnet (vgl. Mecheril 2010). Diesen Verstrickungen in den Kolonialismus bis in die Gegenwart und der Unsichtbarmachung von kolonialen Kontinuitäten werden in dem Vortrag anhand vergeschlechtlichter und rassifizierter Subjektivierungsprozesse nachgegangen. Dazu analysiere ich die Erfahrungen von Mora – einer Schwarzen Frau – mit einem sexualisierten Übergriff in einer deutschen Kleinstadt und zeige, warum sich dieser als Reaktualisierung von kolonialem Begehren und kolonialer Herrschaft verstehen lässt. Es wird verdeutlicht, wie die Vergangenheit von Versklavung und Kolonialismus in einem Modus der sprachlichen Reaktualisierung erneut hervortritt und die ‚Vergangenheit‘ als Präsenz im Hier und Jetzt immer eine Rolle spielen kann.
Kommentar: Sushila Mesquita, Referat Genderforschung, Universität Wien
Moderation: Gundula Ludwig, CGI- Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck, Universität Innsbruck
Ilse Hartmann-Tews, Professorin für Soziologie und Sportsoziologie an der Deutschen Sporthochschule Köln und dortige Leiterin des Instituts für Soziologie und Geschlechterforschung
Der Sport ist ein Sozialsystem, das angesichts seiner auf den Körper und die Steigerung körperlicher Leistungen ausgerichteten generalisierten Handlungsorientierung einen besonderen Resonanzboden für die soziale Konstruktion von Geschlecht darstellt. Die Handlungsorientierung prädisponiert die Aktualisierung traditioneller Geschlechterdifferenzierung, zumal die Körper und unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Sportler und Sportlerinnen quasi als eine visuelle Empirie der natürlichen Unterschiede zwischen den Geschlechtern erscheinen. Der Vortrag wird exemplarisch einige Prozesse und institutionelle Arrangements der Konstruktion von Geschlecht aufzeigen und darüber hinaus auf die Rolle der Sportberichterstattung eingehen, die ebenso an der Stabilisierung der heteronormativen Geschlechterordnung beteiligt ist.
Kommentar: Anika Frühauf, Institut für Sportwissenschaft, Universität Innsbruck
Moderation: Linda Rausch, Institut für Sportwissenschaft, Universität Innsbruck
Aufzeichnung vom 05. April 2022.
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Eva Zedlacher, Faculty of Business and Management, Webster Vienna Private University
Anders als bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz gibt es Phänomene von Missverhalten, die zumindest am ersten Blick wenig mit Geschlecht zu tun haben. In dieser Vorlesung zeigt Eva Zedlacher, ob und warum die Wahrnehmung vieler Verhaltensweisen bei der Arbeit wie zum Beispiel Anschreien oder sozialer Ausschluss ebenso vergeschlechtlicht sind. Vorläufige Ergebnisse eines visuellen Experiments, bei dem das Geschlecht der Schauspieler*nnen manipuliert wurde, werden präsentiert.
Kommentar: Heike Welte, Institut für Organisation und Lernen, Universität Innsbruck
Moderation: Manfred Auer, Institut für Organisation und Lernen, Universität Innsbruck
Aufzeichnung vom 11. Januar 2022.
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Innsbrucker Gender Lectures zum Nachhören
Di, 07.02., von 14 bis 16 Uhr
Innsbrucker Gender Lecture mit Mila Wallis: „Digitale Plattformen, Arbeit und die Krise der sozialen Reproduktion.“
Eine Sendung von Julia Tschuggnall
Sendung verpasst?
Alle Innsbrucker Gender Lectures gibt es nach Ausstrahlung zum Nachhören in der Radiothek und im Cultural Broadcasting Archive.
Info
CGI-Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung Innsbruck, Universität Innsbruck
www.uibk.ac.at/geschlechterforschung
in Kooperation mit FREIRAD