Der 9. November ist ein Tag des Gedenkens für die Opfer des Nationalsozialismus. Er soll vor allem an die große Judenverfolgung in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 erinnern. In Deutschland und Österreich wurden Synagogen angezündet, jüdische Geschäfte und Wohnungen ausgeplündert sowie zahlreiche Menschen verhaftet und in Konzentrationslager verschleppt.
Die blutigsten Ausschreitungen ereigneten sich in Innsbruck, wo ein Rollkommando drei Menschen ermordeten; ein weiterer Mann erlag kurze Zeit später seinen Verletzungen; vier ältere Menschen warf man in die Sill.
Zynisch nannten die Nazis die Aktion „Reichskristallnacht“, nach den zahllosen Splittern und Scherben der Schaufenster, die im Licht blitzten. Die Angriffe auf die jüdische Bevölkerung waren geplant und zentral organisiert, nicht – wie kolportiert wurde – spontan entstanden. Manchmal gingen die Zerstörungen sogar den Machthabern zu weit, weil ihrer Meinung nach „Volkseigentum“ zerstört wurde. Auch wenn nur wenige Menschen, die nicht der SA oder SS angehörten, aktiv an den Zerstörungen beteiligt waren, sahen die meisten zu und nur sehr wenige leisteten ihren jüdischen Nachbarn Hilfe.
Der 9. November markiert den Übertritt einer Schwelle: Erstmals richtete sich staatlich zentral organisierte brutale Gewalt gegen alle Angehörigen einer allein durch die NS-Ideologie definierten Gruppe. Spätestens jetzt konnte jeder und jede in Deutschland und Österreich sehen, dass Antisemitismus und Rassismus bis hin zum Mord staatsoffiziell geworden waren.
Aber auch 82 Jahre nach Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 sind faschistische und antisemitische Einstellungen weit verbreitet. Wir alle sind aufgefordert, jeglichen Formen von Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus und Homophobie entschieden und auf Basis eines breiten gesellschaftlichen Bündnisses entgegenzutreten. Statt Kriminalisierung und Spaltung braucht es einen solidarischen Kampf aller parteilichen, gewerkschaftlichen, kirchlichen, antifaschistischen und anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen für eine offene und pluralistische Gesellschaft.
FREIRAD würdigt dem Gedenken dazu einige Stunden Sonderprogramm
11:06-12:00
Novemberpogrom 1938 in Innsbruck. Auszüge aus dem Hörbuch
Historische Recherche, Texte: Michael Guggenberger
Sprecher: Günter Liede
Auf FREIRAD hört ihr Auszüge des Hörbuchs über den ganzen Tag verteilt.
Ein Projekt von: erinnern.at Tirol und der Israelitischen Kultusgemeinde für Tirol und Vorarlberg. Gefördert vom Land Tirol, der Stadt Innsbruck und dem Nationalfonds für die Opfer des Nationalsozialismus. Mit Horst Schreiber, Michael Guggenberger, Chris Marsh, Günter Lieder, Meriel Schindler, Stefan Gritsch und Niko Hofinger.
Sendungsgestaltung: Stefan Gritsch
Erstaustrahlung: 09. November 2019
Zum Nachhören: freie-radios.online
12:30-13:00
KulturTon: Die Gerechten
Die Zeit des Nationalsozialismus hat viele schreckliche Facetten, die noch immer nicht gänzlich aufgedeckt wurden. In dieser KulturTon-Ausgabe beschäftigen wir uns mit zwei Menschen oder Geschichten, die inmitten des Grauens mutigen Widerstand geleistet haben, indem sie verfolgten Juden und Jüdinnen Unterschlupf gewährt haben und sie unter Einsatz des eigenen Lebens vor der weiteren Verfolgung und dem sicheren Tod in einem Konzentrationslager geschützt haben. Reinhold Duschka hat die Frau seines besten Freundes, Regina Kraus und ihre Tochter Lucia vier Jahre lang in seiner Werkstätte versteckt und versorgt. Balthasar Linsinger, Pfarrer in Großarl, hat Valerie Bäumer mit ihren drei Kindern in seiner Pfarre untergebracht und sie als Bombenflüchtlinge aus Wien ausgegeben.
Ihnen und rund 110 weiteren Menschen aus Österreich hat die israelische Gedenkstätte für die Opfer des Holocaust, Yad Vashem, den Titel Gerechte unter den Völkern verliehen. Die beiden Historiker Michael John und Albert Lichtblau haben im Auftrag der Österreichischen Freunde von Yad Vashem, eine Ausstellung über die Geschichte der österreichischen Gerechten erarbeitet. Erstmals 2013 in Steyr präsentiert, machte die Ausstellung durch einen von Niko Hofinger ergänzten Tirolbezug vom 20.12.2016 – 18.01.2017 in Innsbruck Station. Zum Eröffnungstag, den 19. Dezember 2016, kamen zwei Zeitzeuginnen, Lucia Heilmann und Angelica Bäumer, die in einem Gespräch mit Albert Lichtblau über ihre Rettung durch Reinhold Duschka bzw. Balthasar Linsinger erzählten.
Eine Sendung von Michael Haupt
Erstausstrahlung: 13. Januar 2017
Zum Nachhören: freie-radios.online
15:00-16:00
Novemberpogrom 1938 in Innsbruck. Auszüge aus dem Hörbuch
Historische Recherche, Texte: Michael Guggenberger
Übersetzung: Chris Marsh
Sprecherin: Meriel Schindler
Sendung in englischer Sprache
Sendungsgestaltung: Stefan Gritsch
Erstausstrahlung: 09. November 2019
Zum Nachhören: freie-radios.online
16:06-18:00
Novemberpogrom 1938 in Innsbruck. Auszüge aus dem Hörbuch
Historische Recherche, Texte: Michael Guggenberger
Sprecher: Günter Lieder
Sendungsgestaltung: Stefan Gritsch
Erstausstrahlung: 09. November 2019
Zum Nachhören: freie-radios.online
18:30-19:00
„Es ist, Ernerl, sehr traurig, Ich werde fast krank dies alles mit ansehen zu müssen.“
Private Briefe erzählen von Entrechtung und Vertreibung Innsbrucker Juden
Ein zeitgeschichtlicher Glücksfall war es, als sich im September 2013 die Tochter von Erna Krieser bei der Innsbrucker Kultusgemeinde meldete und man erfuhr, dass diese einen umfangreichen Briefverkehr ihrer Mutter mit deren Familie in ihrem Besitz hielt. In den Briefen, die Historiker Niko Hofinger für eine Publikation aufgearbeitet hat, wird auf berührende Weise die familiäre, wie auch allgemeine Situation der Innsbrucker Juden zwischen sogenanntem Anschluss im März 1938 bis Sommer 1939 nachgezeichnet. Für den KulturTon hat Michael Haupt sich die Geschichte nacherzählen lassen.
Erschienen ist der Aufsatz in „1938. Der Anschluss in den Bezirken Tirols.“ Herausgegeben von Horst Schreiber im Studienverlag in der Reihe Veröffentlichungen des Innsbrucker Stadtarchives, Neue Folge 62.
Die Ausschnitte aus den Briefen liest Irene Dobler.
Eine Sendung von Michael Haupt
Erstausstrahlung: 11.05.2018
Zum Nachhören: freie-radios.online
20:00-21:00
Orte der Erinnerung
Antifaschistischer Spaziergang zum Gedenken an das Novemberpogrom 1938
Wie und wo schreibt sich Erinnerung in den öffentlichen Raume ein? Was geben Orte der Erinnerung zu den Geschehnissen preis?
Diese Ausgabe des Ethnoskops begleitet den Antifaschistischen Spaziergang in Innsbruck im Gedenken an das Novemberpogrom vor 80 Jahren als „Wahrnehmungsspaziergang“ und macht persönliche Eindrücke und Fragen hörbar.
Eine Sendung von Hemma Übelhör
Erstausstrahlung: 09. Dezember 2018
Zum Nachhören: freie-radios.online